Oft bezeichnet ein ‹gesundes Gebäude› eine künstlich hergestellte Umgebung, die von Lüftungen, Wärmepumpen und Sensoren am Leben erhalten bleibt und einen eigenen Herzschlag zu haben scheint. Fast schon unheimlich das Ganze, wenn man sich überlegt, dass jede Temperaturschwankung, Sonneneinstrahlung und das von uns ausgestossene CO2 gemessen und als Vergleichswert weitergesendet wird. Und die Maschine Haus so unter ständigem Summen, Rauschen und Pumpen wie in einer alternativen Wirklichkeit, vor unseren Augen verborgen, vor sich hinlebt.
Das Haus als magische Maschine?
Nach der ersten Faszination, wie die Gebäude uns helfen, gesund und zufrieden in unseren vier Wänden zu existieren, gerät die ganze Magie des kontrollierten, smarten Hauses in Vergessenheit; wir gewöhnen uns daran, es geht uns ja gut, solange alle Teile reibungslos funktionieren und das tun, was wir ihnen vorprogrammiert haben. Doch was, wenn der nahezu sterile, lautlose Raum zu viel wird, oder eben zu wenig? Zu wenig Interaktion mit der Aussenwelt hat, die eh schon Lichtjahre entfernt scheint, zu wenig unkontrolliert ist, um etwas Interessantes am Gebäude zu finden, zu wenig flexibel – denn was, wenn wir an einem Frühlingsmorgen dem Vogelgezwitscher lauschen wollten?
Sieht so ein gesundes Leben aus?
Ich frage mich oft, ob wir ein gesundes Leben, das wir in einem gesunden Haus führen, so nennen können. Wenn wir unser Wohlbefinden einem System in die Hand legen und blind darauf vertrauen, dass es für uns stimmen wird, und dazu überall Elektronik und Kabel verlegen müssen – verliert man doch die Fähigkeit, mit dem eigenen Körper in wechselnden Situationen, die uns draussen erwarten, umzugehen. Es ist eine Entfremdung von dem, was draussen passiert, und eine Ignoranz gegenüber dem Klimawandel und seinen Folgen. Der Kontakt besteht nur noch visuell. Die Gerüche und Geräusche oder die Aussenstille befinden sich in einem anderen Kompartiment, das nicht zu uns gehört und scheinbar nicht interessiert. Vor lauter Drinnenleben merken wir nicht, wie das Wetter ist (einen Gruss an die Lernphase). Eingeschlossen in unserer Zelle würden wir gar nicht merken, wenn die Welt hinter der Wand untergeht.
Der Gewinn des Drinnen ist der Verlust des Draussen
Doch wenn drinnen alles perfekt passt und wir trotzdem aus dem Haus oder der Wohnung müssen, werden wir überwältigt durch alles, was um uns passiert. Auf einmal können wir das Klima nicht mehr per Knopfdruck ändern, sind vielleicht geschockt vom Lärm und können uns nicht er- klären, warum der Wind um unsere Ohren zischt. Wie unter anderem die Autoren einer Studie des International Journal of Biometeorology schreiben, kann man die physische und mentale Fähigkeit verlieren, sich an das natürliche Klima anzupassen. Schwer vorzustellen, dass das gesund sein soll.
Es gibt Vor- und Nachteile, die die Technisierung unseres Wohnraums mit sich bringt, aber den Verlust der Identität mit dem Draussen empfinde ich als ein Verhängnis. Für mich ist klar, dass wir für die Umwelt und uns verträgliche Alternativen finden sollten, um eine gesunde Umgebung zu gestalten und wieder zu lernen, körperlich und mental auf Ausseneinflüsse zu reagieren.
von Joanna Wesniuk, 23, balanciert zwischen Bachelor und Master in Architektur und vertreibt sich oft die Freizeit mit Fragen zu einer gesunden Lebensweise, und ob Menschen und Maschinen im Einklang leben können.