Gesundheit wird nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie folgt definiert: «Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens – und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.»
Laut WHO-Bericht, über den die tagesschau am 17.06.2022 berichtet hat, wird seit der Corona-Pandemie ein Anstieg psychischer Erkrankungen verzeichnet. Demnach sind fast eine Milliarde Menschen von psychischen Krankheiten betroffen. Dabei definiert die WHO eine psychische Krankheit als «bedeutsame Störung der Wahrnehmung, der Emotionsregulation oder des Verhaltens einer Person, die in der Regel mit Stress oder Beeinträchtigungen in wichtigen Funktionsbereichen verbunden ist».
Die steigenden (psychischen) Belastungen während der Corona-Pandemie dürften noch immer allgegenwärtig und bekannt sein. Ursachen hierfür sind beispielsweise die damaligen Kontaktbeschränkungen und die damit verbundenen fehlenden sozialen Kontakte.
Durch die heutigen digitalen Möglichkeiten fand der Austausch während der Hochzeit der Pandemie vermehrt online statt. Zeitgleich nahm auch der Konsum von Social-Media-Angeboten zu. Dass der Content in den sozialen Medien jedoch nicht die Realität widerspiegelt, ist kein neues Phänomen. Besonders junge Personen lassen sich durch inszenierte Schönheitsideale und verzerrte Realitäten stark beeinflussen. Dabei werden negative Empfindungen und Gedanken ausgelöst. Besonders betroffen sind Einsamkeitsgefühle, ein verzerrtes Weltbild, Ablenkung von der Schule, der Uni oder der Arbeit, ein negatives Selbstbild als auch -wertgefühl und der Verlust des Realitätsbezugs.
Für alle was dabei
Für fast jeden Lebensbereich existiert mitt- lerweile mindestens ein Account, der darüber be- richtet. Die Themen sind vielfältig, darunter fallen etwa Reisen, Essen, Fitness, Produktivität, Life- style oder anderes. Durch die grosse Bandbreite kann sich eigentlich jede*r mit einem Teil des Con- tents auf Social-Media-Plattformen identifizieren. Daher vergleichen viele ihr eigenes Leben mit den in den sozialen Medien vermittelten Selbstdar- stellungen anderer Nutzer*innen. Dies führt aller- dings häufig zur Verstärkung negativer Gedanken und Niedergeschlagenheit. Denn meist zeigen Social-Media-Kanäle nur Ausschnitte aus dem Leben der Influencer*innen. Das vergessen aber viele während sie durch den Feed scrollen. Dank Filtern, Photoshop und bewusst gewählten Make- ups oder Posen wird die Realität auf den online Plattformen verzerrt.
Da immer mehr Zeit auf Social-Media- Plattformen verbracht wird, rücken die eigenen Interessen in den Hintergrund. Dies hat ebenfalls negative Auswirkungen auf die Psyche, da die Betroffenen ständig dem Content Influencer*innen ausgesetzt sind und dadurch selbst weniger Zeit haben, sich mit den eigenen Interessen zu beschäftigen. Dies löst wiederum negative Gefühle aus. Zudem wurde in Studien festgestellt, dass das Gehirn nur eine begrenzte Aufnahmefähigkeit besitzt. Durch die vermehrten Reize, denen es ausgesetzt wird, kann es zu einer Überforderung kommen. Durch diese Reizüberflutung können bei den User*innen ebenfalls depressive Symptome auftreten.
Perfektion als Trend
Seit Längerem geht nun schon der Trend #thatgirl um. Egal, ob bei TikTok, Instagram oder YouTube – Influencerinnen zeigen in Videos oder Reels, wie jede die beste Version ihrer selbst wird. Doch dieser Perfektionismus kann zu psychischem Druck führen. Dabei wird der #thatgirl-Trend häufig sogar als gesunder Lifestyle bezeichnet. Er gewann während der Lockdowns durch die Corona- Pandemie an Präsenz. Durch Selbstoptimierung sollen wir produktiver werden, unsere Tage perfekt planen und keine Zeit verschwenden.
Immer wieder heisst es in den Contents, dass jede ihre eigene Routine finden soll, mit der sie sich wohlfühlt. Doch interessanterweise sind die Routinen vieler Influencerinnen fast identisch. Punkte, die fast jede Influencerin in ihre sogenannte «ganz individuelle Routine» aufgenommen hat, sind etwa:
- frühes Aufstehen
- Morgenroutine
- Meditieren
- Besuch im Gym
- Spaziergang
- Me-Time
- Lesen (natürlich Persönlichkeits- entwicklungsbücher)
- To-Do-Listen
- direkt alles erledigen, nichts aufschieben
- Journaling
- Abendroutine
Doch sind wir mal ehrlich: Niemand von uns kann jeden Tag von morgens bis abends vollkommen produktiv sein – und das ist auch vollkommen in Ordnung! Natürlich kann der Trend motivieren, doch ein gesundes Mass zwischen Produktivität und Freizeit muss gegeben sein. Zudem sollte man sich immer vor Augen halten, dass auf Social Media gezeigte Beiträge nicht immer der Realität entsprechen. Denn wer zeigt sich schon gerne ungeschminkt, kaputt und in Jogginghose auf dem Sofa gammelnd?
Auch wenn mittlerweile der Trend #thatgirl von immer mehr Menschen hinterfragt wird, ist er noch immer allgegenwärtig und baut psychischen Druck bei vielen Konsumentinnen auf. Das Selbstwertgefühl wird geschwächt. Es wird ein Gefühl von Niedergeschlagenheit produziert und uns ein Irrglaube vermittelt, wir hätten unseren Tagesablauf nicht im Griff, wenn wir nicht von morgens bis abends produktiv sind.
Keine Vergleiche über Social Media
Blicken wir zurück zur Definition der WHO von Gesundheit – so können wir feststellen, dass der #thatgirl-Trend keineswegs gesund ist. Es ist nicht möglich, sich über Social-Media-Kanäle mit anderen Personen zu vergleichen. Denn Instagram, TikTok, YouTube und viele weitere stellen keine Realität dar, sondern nur Teilausschnitte aus dem Leben anderer Personen, welche exakt diese Ausschnitte mit anderen teilen möchten.
Es wird also deutlich, dass der Konsum von Social-Media-Content neben positiven Gefühlen auch negative Gedanken und Emotionen hervorrufen kann. Für einen gesünderen Umgang mit Angeboten in den sozialen Medien gibt es mittlerweile zahlreiche Tipps. Aspekte, die immer wieder genannt werden, sind beispielsweise:
- Den Blick für die Realität behalten
- Sich zeitliche Limits setzen
- Nicht mit schlechter Stimmung online gehen
- Das Handy nicht vor dem Schlafengehen ver- wenden
Geschlussfolgert werden kann also, dass der über Social-Media-Kanäle vermittelte Perfektionismus, die Ästhetik, die Produktivität und weitere Aspekte hinterfragt und nicht ausschliesslich als Vorbild genommen werden sollten. Jeder Mensch und seine Bedürfnisse sind individuell. Daher sollte man sich keinem Trend anpassen, der vielleicht gar nicht zu einem passt. Wir sollten uns einmal mehr bewusst machen, dass soziale Medien nicht die vollständige Realität widerspiegeln, und uns mehr auf das Hier und Jetzt fokussieren.
von Nadine Frölich, studiert Kommunikationswissenschaft und Kunstgeschichte im Bachelor an der Universität Greifswald, Deutschland. Sie ist Redaktorin des moritz.magazin, dem Studierendenmagazin der Universität Greifswald.